Unter Chronisch-obstruktiver Bronchitis verstehen wir eine Krankheit, bei der durch Verengung der kleinen Bronchien und Bronchiolen und die Ablagerung zäher Schleimschichten in den Alveolen der Gasaustausch erschwert wird und das Atemvolumen eingeschränkt ist. Mit Fortschreiten des Krankheitsprozesses verschlechtert sich die Sauerstoffzufuhr, und am Ende steht ein als Dämpfigkeit bezeichneter Zustand. In diesem Stadium sind die eingetretenen Lungenveränderungen irreparabel, eine Heilung ist unmöglich.
Ursachen:
Die chronischen Bronchitiden des Pferdes gehören zu den sog. Domestikationskrankheiten. Bei Equiden in freier Wildbahn treten sie nicht auf. Erst bestimmte Haltungsformen im Zusammenhang mit klimatischen Einflüssen haben zu dieser Krankheit geführt. Ganzjähriger Stallhaltung und Heufütterung werden eine besondere Bedeutung zuerkannt. Auslösend wirken infektiöse, nichtinfektiöse und allergische Umweltfaktoren. Von Einfluss soll auch die innere Reaktionslage des Organismus für die Krankheitsentstehung sein. Neben dem Alter kann eine ererbte Allergiebereitschaft eine Rolle spielen. Einen Beweis für vererbte Anfälligkeit gegenüber der COB gibt es allerdings nicht. Sind Krankheitserreger an der Entstehung der COB beteiligt, müssen sie mit der Atemluft aufgenommen werden. Im Höchstfalle sind sie allerdings nur in den ersten 6 Wochen nach stattgefundener Infektion nachzuweisen. Wenn die Erkrankung ein chronisches Stadium erreicht, besteht daher keine Ansteckungsgefahr mehr. Influenzaviren sind für die Entstehung der COB in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Sie besitzen eine große Affinität zur Schleimhaut des Atemtraktes hemmen deren lokale Abwehr und steigern die Sekretion der Schleimhautdrüsen. Dieser Schleim ist ein idealer Nährboden für bakterielle Nachfolgeinfektionen. Daher gilt die Virusinfektion als Vermittler bakterieller Sekundärinfektionen. Andererseits beeinflusst sie allergisch bedingte Lungenkrankheiten, indem sie eine erhöhte Reaktionsfähigkeit der Bronchialschleimhaut gegenüber bestimmten allergisch wirkenden Eiweißverbindungen (Allergene) hervorrufen kann. Asthmatische Reaktionen beruhen ebenfalls auf erhöhter Allergiebereitschaft, die durch Reizung der Schleimhautrezeptoren mit Stäuben von Heu, Blütenstaub (Pollen) oder Stroh, bzw. durch Kontakt mit Heupilzen oder deren Sporen ausgelöst werden. Daneben werden chemische, physikalische oder klimatische Reize als auslösende Ursachen in Betracht gezogen.
Heute gibt es grundsätzlich zwei Ansichten zur Entstehung der COB.
Die erste Auffassung geht davon aus, dass das auslösende Ereignis eine Virusinfektion ist. Sie führt im Verlaufe von 6 Wochen, kompliziert durch eine bakterielle Sekundärinfektion, zu einer chronischen Bronchitis mit unauffälligen Symptomen. Bei Patienten mit ungenügender Abwehrreaktion werden die an die Bronchialschleimhaut fixierten Keime nicht vernichtet, sondern dringen in die Schleimhaut ein und verursachen Entzündungen. Zwei Wochen nach Infektionsbeginn sind keine Viren, und 6 Wochen nach der bakteriellen Besiedelung keine Bakterien mehr nachzuweisen. Durch die Entzündung wird vermehrt Schleim produziert. Das geschädigte Flimmerepithel kann seine Funktion, den Schleim nach außen zu fördern, nicht mehr erfüllen. Der Schleim sammelt sich in Lungenbläschen und Bronchien, wo er austrocknet und zähe Beläge bildet. Da die Bronchialschleimhaut infolge Entzündung gleichzeitig geschwollen ist, verengen sich die Luftwege derart, dass eine chronische Stenose (Verengung) entsteht, die den Luftstrom behindert. Die passive Ausatmung ist nicht in der Lage, die Bronchialeinengungen zu überwinden, so dass ein wachsen- des Restluftvolumen in der Lunge verbleibt. Auf nervösem Wege wird durch Reizung des Nervus vagus eine Kontraktion der Bronchialmuskeln und damit eine zusätzliche Verengung der Bronchien erzeugt.
Die zweite Auffassung sieht in der Allergie die Ursache der COB. Sie kann durch eine Infektion ausgelöst wurden, wenn aus zerfallenden Bakterien und Leukozyten Eiweißsubstanzen frei werden, die eine allergische Reaktionsbereitschaft (Sensibilisierung) bedingen. Dann können andere Umweltantigene (Staub, Pollen, Pilzsporen) die Allergie auslösen. Stallhaltung und ständige Staubentwicklung, besonders in schlecht belüfteten Ställen, fördern die Krankheitsentstehung. Unabhängig von den Ursachen ist das Krankheitsbild durch drei Faktoren gekennzeichnet: - Krampf der glatten Bronchialmuskulatur. - Entzündliche Schwellung der Bronchialschleimhaut. - Verstärkte Schleimsekretion der Bronchialdrüsen und Eintrocknung der Schleimmassen auf den Alveolen- und Bronchialwänden. Während der Einatmung dehnt sich die Lunge aktiv aus, so daß die Luft trotz Verengung des Bronchialquerschnittes einströmen kann, aber bei der passiven Ausatmung reicht die Kraft der gedehnten elastischen Fasern der Lunge nicht aus, die Luft auszutreiben. Es entwickelt sich ein Ventileffekt, in dessen Ergebnis sich das Restluftvolumen in den Alveolen ständig vergrößert. Selbst die verstärkt eingesetzte Bauchpresse vermag die Luft nicht wie- der vollständig auszutreiben. Die Alveolen blähen sich auf, ihre Wände werden gedehnt und zerreißen. Die darin entlanglaufenden Blutgefäße werden zunächst in die Länge gezogen, dadurch verkleinert sich ihr Querschnitt, und es fließt weniger Blut durch die Lunge. Das Herz muss gegen einen großen Widerstand Mehrarbeit leisten. Die Gasaustauschverhältnisse sind erheblich gestört, venöses Blut wird nur noch unvollständig mit Sauerstoff angereichert. Dadurch vermindert sich die Sauerstoffversorgung der Gewebe und die Leistungsfähigkeit sinkt.
Symptome:
Neben trockenem, oft bellendem Husten, der meist anfallsweise auftritt und morgens beobachtet wird, wenn die Pferde den Stall verlassen, wird gelegentlich ein- oder beidseitig schleimiger bis eitriger Nasenausfluss festgestellt. Im Verlauf der Erkrankung erhöht sich die Atemfrequenz sowohl in Ruhe als auch bei Belastung. Die Pferde husten nun auch während der Belastungsphasen. Die sinkende Leistungsfähigkeit ist zunehmend von Bewegungsunlust begleitet. Mit erhöhter Atemfrequenz atmen die Pferde mehr Feuchtigkeit ab, so daß nicht nur der Bronchialschleim eintrocknet, sondern der gesamte Flüssigkeitshaushalt gestört ist. Da offenbar kein Durstgefühl besteht, trinken die Pferde sehr wenig. Der sehr stark beeinträchtigte Wasserhaushalt und die gestörte Ausscheidung von Kohlendioxid in den Lungen führen zu massiven Verschiebungen im inneren Milieu. Der Appetit sinkt und die Leistungsfähigkeit geht erheblich zurück. Das Herz muß im Bereich der Lungen gegen einen erhöhten Strömungswiderstand arbeiten. Wegen der unzureichenden Sauerstoffversorgung sinkt auch die Herzleistung. Erhöhte Atemfrequenz, geblähte Nüstern und angestrengte Bauchatmung kennzeichnen den fortgeschrittenen Krankheitszustand. Bei Belastung verstärken sich sofort die Symptome. Das Endstadium ist die Dämpfigkeit, in dem die Wände der geblähten Alveolen zerreißen und die Atmungsfläche, an der noch ein Gaswechsel möglich ist, immer kleiner wird. Die Lunge gleicht dann mehr und mehr einem geblähten Ballon (Lungenemphysem). Die Lungengrenzen sind weit in Richtung Bauch verschoben. Behandlung: Alle Behandlungsmöglichkeiten dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, daß zwar eine Linderung, in der Regel aber keine vollständige Heilung erreicht werden kann. Bei der Behandlung sollen verschiedene Therapieprinzipien kombiniert und von Maßnahmen wie Haltungsoptimierung und Prophylaxe begleitet werden.
Nichtmedikamentelle Maßnahmen:
An erster Stelle steht die Haltungsoptimierung. In der Stalluft steigt die Staubbelastung zur Zeit des Ausmistens und der Heufütterung auf das 100 fache im Vergleich zur Außenluft, Daraus resultiert die Forderung nach staubarmen Haltungsbedingungen. Das Heu sollte vorm Verfüttern gewaschen werden oder ist durch pelletiertes Grünfutter zu ersetzen. Als Einstreu sollte auf Stroh verzichtet werden. Hafer ist vor dem Stall zu entstäuben. Langer Weideaufenthalt und ausreichende Belüftung (8- bis l0maliger Luftwechsel/Stunde) sind wesentliche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Behandlung. Niedrige Stalltemperaturen bei hoher Luftfeuchtigkeit bieten Krankheitskeimen günstige Vermehrungsbedingungen und sind unbedingt zu vermeiden, andernfalls wird ein Ortswechsel erforderlich.
Medikamentelle Behandlung:
Grundsatz der Behandlung muß es sein, schon bei leichten Verlaufsformen mit der Therapie zu beginnen, um die Entwicklung eines chronisch-alveolären Lungenemphysems, zu verhüten. Die Behandlung der Patienten erstreckt sich stets über einen längeren Zeitraum. Im Anfangsstadium kann bei begründetem Verdacht einer infektiösen Genese eine Antibiotikabehandlung eingeleitet werden. Besteht die Krankheit allerdings schon länger als 6 Wochen, kann auf den Antibiotikaeinsatz verzichtet werden. Von Anfang an sollen die Behandlungsmaßnahmen die Entfernung des Tracheobronchialsekretes erstreben. Sekretolytika und hustenauslösende Mittel werden eingesetzt. Sie wirken schleimlösend und sekretionsfördernd. Daneben soll der reflektorische Krampf der Bronchialmuskulatur durch Unterbrechung des Reflexbogens aufgehoben werden. Die entzündliche Schwellung der Bronchialschleimhaut läßt sich durch Langzeitglukokortikoide günstig beeinflussen. Zur Lösung des eingedickten Bronchialsekretes wird heute die intravenöse Infusion einer isotonischen Kochsalzlösung angewendet. Dabei steht die Ausscheidung großer Flüssigkeitsmengen über das Bronchialepithel im Vordergrund der Wirkungsweise. Sie sollen das eingedickte Sekret von den Alveolenwänden lösen und verflüssigen, damit es leichter ausgeschieden werden kann. Hustenauslösende Medikamente sollen die Ausscheidung über die Luftwege unterstützen. Vorbeugung Wirksame vorbeugende Maßnahmen bestehen darin, den Pferden täglich möglichst regelmäßig langen Frischluftaufenthalt zu gewähren. Physische Belastungen tragen zur Konditionierung der Atemfunktion bei, da sie die Sekretion der Bronchialdrüsen und die Funktion des Flimmerepithels anregen. Im Stall ist für gute Belüftung und ein optimales Klima zu sorgen. Unterkühlungen werden besonders durch ein ungesundes Stallklima gefördert. Außerdem muß im Stall die Staubbelastung auf ein Minimum gesenkt werden.
Treten Hustenerkrankungen auf, sind sie unbedingt ernst zu nehmen und in jedem Fall einer tierärztlichen Behandlung zu unterziehen.