Erkrankungen des
Verdauungsapparates


Schlundverstopfung

Schlundverstopfung resultiert meist aus hastigem Fressen. Getrocknete Zuckerrübenschnitzel, Fallobst und Brot sind am häufigsten beteiligt. Tumore der Speiseröhre können ebenfalls zu wiederholten Verstopfungen führen. Meist macht das Pferd einen sehr gequälten Eindruck. Speichel rinnt aus Nüstern und Maul, während das Pferd würgt, um die Verstopfung zu entfernen. Kopf und Hals sind aufgewölbt.
Die Verkrampfung der Speiseröhre sollte durch krampflösende Medikamente behoben werden. Beruhigungsmittel dienen dazu, die Aufregung des Pferdes zu mindern. Die meisten Verstopfungen verschwinden von selbst innerhalb weniger Stunden. In hartnäckigen Fällen muß die Verstopfung operativ entfernt werden. Meist läßt sie sich jedoch durch eine vorsichtige Druckspülung der Speiseröhre mit der Nasenschlundsonde aufheben.


Kolik

Eine Kolik stellt immer einen Notfall dar. Die meisten Fälle werden erfolgreich mit Medikamenten behandelt, einige ersthafte Koliken bedürfen chirurgischer Eingriffe innerhalb von acht Stunden. Das Wort Kolik bedeutet Bauchschmerz. Der Schmerz kann verursacht werden durch eine Aufgasung des Magens, Überfressen oder Verstopfung.
Die Krampfkolik ist der häufigste Krankheitstyp. Sie zeichnet sich durch sanften Verlauf und kurze Dauer aus. Wandernde Wurmlarven schädigen die kleinen Blutgefäße, die den Darm versorgen. Die normalen rythmischen Kontraktionen des Darms sind gestört. Gase bilden sich, und Eingeweideinhalte blähen sich auf und dehnen die Darmwände. Dies erzeugt Schmerz.
Eine Krampfkolik tritt häufiger bei jungen Pferden auf. Anfälle akuten Schmerzes wechseln ab mit schmerzfreien Perioden. Darmgeräusche sind immer vorhanden. Während der Schmerzattacken steigt der Puls bis auf siebzig Schläge pro Minute an, das Pferd sieht sich nach seinen Flanken um. Schweiß, Ruhelosigkeit und ein verkrampfter Bauch sind übliche Symptome. Häufig wälzt sich das Pferd; im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist das nicht weiter schädlich, solange es sich dabei nicht an der Boxwand oder -tür verletzt.
Die Krampfkolik verschwindet gewöhnlich von selbst innerhalb weniger Stunden. Üblicherweise werden symptomlindernde Medikamente mit krampflösender und beruhigender Wirkung verabreicht.
Von Windkolik spricht man, wenn Futterbestandteile im Magen oder Dickdarm gären. Diese Störung tritt meist bei Pferden auf, denen große Mengen an rohfaserarmen, eiweißreichem Gras oder grobem Mischfutter gegeben werden. Reichlich grünes Gras im Frühling kann denselben Effekt haben. Vorhanden ist ein akuter, ununterbrochener Schmerz, hinzu kommen Schwitzen, hohe Pulsfrequenz und ein verkrampfter Bauch. Der Darm wird geweitet durch Gas, das Blähungen verursachen kann. Es müssen Medikamente gegeben werden, um den starken Schmerz zu lindern. Nützlich sind krampflösende Mittel. Orale Verabreichung von Antibiotika und Pflanzenöl reduziert den Gärungsprozeß. Die Gärung im Magen kann erleichtert werden durch eine Magensonde: Durch sie können Gas und Flüssigkeit abfließen, die Anspannung löst sich.
Die Darmverstopfung ist die potentiell gefährlichste Form einer Kolik. Die Verstopfung kann im Magen auftreten, wenn sie aus Überfressen resultiert, besonders wenn trockenes Futter wie Kuchen oder, noch schlimmer, nicht eingeweichte Rübenschnitzel gegeben wurden. Sie kann auch im Dünndarm auftreten. Eine mechanische Verstopfung kann durch die Entwicklung von Tumoren, durch eine Verdrehung oder Verschlingung oder infolge eines abgeschnürten Bruches entstehen. Futter, das sich an der Verbindung von Dünn- und Dickdarm zusammenballt, ist eine häufige Ursache.
Die gängigsten Typen einer Darmverstopfung treten im Dickdarm auf. Mechanische Ursache ist meist eine Magenverdrehung; sie kommt jedoch selten vor. Recht häufig ist eine Futteranschoppung im Dickdarm, meist an der Beckenflexur. Grund dafür ist plötzlicher Futterwechsel, z. B. von Gras auf Heu oder Stroh. Das Füttern von großen Mengen schlechtem Rauhfutter kann ebenfalls Anschoppungen verursachen.
Eine Verstopfung im Magen und mechanische Verstopfung des Dünn- und Dickdarms verursachen akuten Schmerz. Schocksymptome treten auf, weil Gifte freigesetzt werden. Der Herzschlag ist stark erhöht und bleibt trotz Behandlung hoch, die Schleimhäute bekommen eine schmutzig-rote Färbung, und im Anfangsstadium kann die Temperatur steigen. Die Anschoppung von Futter im Magen ist von Natur aus die heimtückischere Form der Kolik. Wenn sie sich aufbaut, frißt das Pferd nicht mehr; der Kot ist trocken und wird nur noch in kleinen Mengen abgesetzt. Ein leichter Schmerz ist vorhanden. Das Pferd liegt viel und blickt sich häufig nach seinen Flanken um. Eine durch den After vorgenommene (rektale) Untersuchung zeigt, daß eine Menge trockener, harter Kot an der Beckenflexur vorhanden ist.
Die Darmverstopfung ist ein Notfall, und meist ist ein chirurgischer Eingriff nötig, um sie zu beheben. Die Entscheidung für einen solchen Eingriff ist schnell zu treffen, da die Veränderungen in den verstopften Bereichen unwiderruflich sind. Die aus einer Anschoppung resultierende Kolik spricht auf flüssiges Paraffin und eine Salzlösung an, die durch eine Magensonde verabreicht werden. Diese weichen die Anschoppung auf und machen es möglich, daß sie den Darmtrakt passiert. Mit der Hand kann durch den After versucht werden, die Verstopfung aufzubrechen. Eine mehrtägige Behandlung kann nötig sein, bevor die Anschoppung vollständig behoben ist. Ein chirurgischer Eingriff kann in hartnäckigen Fällen unumgänglich werden.


Akuter Durchfall

Salmonellosen

Von Salmonellen verursachter Durchfall ist im Normalfall zu beobachten bei überanstrengten Pferden; häufig tritt er auf nach einer Operation oder einer langen Reise. Die Bakterien können im Darm scheinbar gesunder Pferde leben. Sie werden mit dem Kot ausgeschieden. Andere Pferde können sich durch die Aufnahme verseuchter Nahrung oder Einstreu anstecken.
Akuter Durchfall ist das erste Krankheitsanzeichen. Es entwickelt sich Fieber (40 bis 41 Grad C.), Herz- und Atemfrequenz sind stark erhöht. Schreitet die Erkrankung fort, wird das Pferd schwach und macht einen sehr niedergeschlagenen Eindruck. Außerdem kann sich eine Blutvergiftung entwickeln. Sie kann gemeinsam mit zunehmender Austrocknung und Kreislaufkollaps zum Tode führen. Sofort intravenös verabreichte Infusionslösungen sind wichtig, um der Austrocknung entgegenzuwirken. Der Nutzen einer Behandlung mit Antibiotika ist fraglich, da sie den Keimträgerstatus untersützen kann. Entzündungshemmende Medkikamente wie Phenylbutazon oder Flunixin helfen, die Körpertemperatur zu senken und einen vorhandenen Schock zu minimieren.


Darmentzündung

(Colitis X)

Der durch eine Darmentzündung namens Colitis X verursachte Durchfall ist eine akute, generell tödlich verlaufende, mit Streß verbundene Krankheit. Diese Darmentzündung, auch "Schockdarm" genannt, folgt häufig auf längere Behandlung mit Breitband-Antibiotika. Der plötzliche Anfall ist gekennzeichnet durch akute Niedergeschlagenheit des Pferdes und entfärbte Schleimhäute. Zu Beginn sind Puls und Körpertemperatur hoch; bildet sich ein Schock aus, dann fällt die Temperatur auf weniger als die normale Höhe ab. Übermäßiger Durchfall ist regelmäßig bei solchen Pferden zu beobachten, die die ersten Stunden überleben. Eine Behandlung brint meist keinen Erfolg. Den Schock kann man mit Elekrolyten und Kortikosteroiden in hohen Dosen bekämpfen.


Neubildungen (Tumore)

Tumore des Magens und der Därme sind beim älteren Pferd anzutreffen. Sie können zu chronischem Durchfall und Gewichtsverlust führen. Der Tumor kann manchmal bei einer Untersuchung durch den After erfühlt werden. Eine operative Entfernung ist die einzige Behandlungsmöglichkeit.


Die Verdauung

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Gras ist nicht gut verdaulich. Ein Pferd muss große Mengen zu sich nehmen, wenn es genügend Nährstoffe daraus erhalten will. Da der Magen nicht besonders groß ist, muss es mehrere kleine Mahlzeiten zu sich nehmen. Am besten verdaut der Magen, wenn er zu zwei Drittel gefüllt ist. Wenn der Magen zu voll ist, kann dies zu einer Kolik führen, da der Nahrungsübergang vom Magen zum Darm "verstopft". Darum ist es wichtig im Stall gehaltene Pferde mehrmals täglich mit kleinen Rationen zu füttern. Mit den Schneidezähnen können die Pferde dicht am Boden Grasen. Mit der Zunge wird die Nahrung dann in den hinteren Teil des Mauls befördert, wo sie gut zerkleinert wird, um dann in die Speiseröhre abzuschlucken.
Das Gras wird mit viel Flüssigkeit zu einem Brei zerkaut, und dann hinunter geschluckt. Pferde haben eine Speichelproduktion von ca. 10-12 Liter pro Tag, im Vergleich dazu der Mensch mit ca. 1-1,4 Liter. Wenn die Nahrung durch den Magen geht, werden die Verdauungssäfte zugeführt, und dann an den Dünndarm weitergeleitet. Nun werden im Dünndarm Nährstoffe wie Zucker und Eiweiß aufgenommen. Eine weitere Aufspaltung findet dann im Dickdarm statt. Dieser besteht aus dem Blinddarm, dem großen und dem kleinen Grimmdarm. Die nicht verwertbaren Bestandteile wandern dann weiter in den Mastdarm. Der Blinddarm hat beim Pferd noch eine Verdauungsoption, dagegen ist beim Menschen der Blinddarm durch unsere Entwicklung überflüssig geworden und hat keinerlei Funktion mehr. Der Dickdarm hat ein Fassungsvermögen von ca. 80 bis 120 Liter eingesäuerter Nahrung. Dort werden von Bakterien das Gras in Nährstoffe umgewandelt, damit der Pferdeorganismus die Nährstoffe auch aufnehmen kann. Die Bakterien sind sogar in der Lage, einige Vitamine selbst herzustellen. Am Ende scheidet das Pferd die Abfallprodukte durch den Mastdarm aus.